2018

Das Haus in der Maremma ( IL-Verlag, Basel, 2018)

... ein spannender, behutsam gezeichneter, historisch interessanter und lehrreicher Roman auch voller literarischer Anspielungen, der nicht nur spannend ist, sondern einen mit der Zeit auch über sich selber nachdenken lässt.
Rolf Spriessler, Riehener Zeitung, 14. 12. 2018

[Herzog] nutzt für seine Texte sein profundes Wissen über Marokko, über die Etrusker und über die Literatur; dazu kommen eine souveräne Erzähltechnik und Lebensklugheit. Entstanden ist ein Lebensroman, dem man gerne folgt - nicht nur weil er viel zu erzählen hat, sondern auch, weil er seine Dringlichkeit nicht überspielt.
Verena Stössinger, Programmzeitung, Dezember 2018

Zur Hälfte verwüstet, zur Hälfte verbrannt, so findet Tancred Gehren das ehemalige Landhaus seines Grossvaters in der Maremma wieder, als er nach Jahren dorthin zurückkkehrt. [...] Tancred erinnert an Max Frischs Homo Faber nach dessen Metamorphose. Ohne Rotwein ist er ein eher wortkarger Ingenieur, der zu einer späten Liebe zu einer sehr viel jüngeren Frau zurückkehrt. Tristan und Isolde reloaded: Der Ehemann der Geliebten war ausgerechnet sein Chef [in Marokko] und hatte alles daran gesetzt, dass sich die Liebenden nie wieder sehen werden. [...]
"Ein Haus in der Maremma" ist auch ein Buch über Freundschaft. Der dauernde Wechsel der Erzählperspektive verschafft eine gewisse Mehrstimmigkeit. [...]
Und à propos Sigmund Freud: Der psychoanalytische Aspekt der Geschichte, nämlich in welcher Form die nationalsozialistische Vergangenheit der Eltern sich auf Tancreds Leben auswirkt, erhält von der Gewichtung her genau den rivhtigen Platz. [...]
Einmal verziehen, dass die heimliche Hauptfigur des Buches [Tancreds marokkanische Geliebte Merjem] plötzlich verschwindet, fällt das Urteil, ob an dieses Buch lesen soll, positiv aus. Denn auch ein halb bewohnbares Haus sollte man bewohnen, wenn die bewohnbare Seite so viel zu bieten hat.
Iris Meier, Nordwestschweiz/bzbasel, 15. 10. 2018

Herzog ist ein begnadeter Schriftsteller, der die Erzählkunst beherrscht und auf eindrückliche Weise verschiedene Erzählperspektiven, Rückblenden und Binnenerzählungen verbindet ... Das hat nicht nur mit seiner ruhigen Art und dem geschmedigen Deutsch zu tun ... Der Autor schreibt klar und schnörkellos und kreiert trotzdem stimmige Szenarien. Wenn er von Tankreds Reisen in Marokko ... und von dessen auswegloser Liebe zu Merjem ... erzählt, minutiös die Landschaft und das Dorfleben beschreibt, dann läuft vor dem geistigen Auge des Lesers ein Film ab, der von nichts gestört wird. [...]
Von nun an steht das verwüstete Haus in der Maremma, das Tankreds Innenleben widerspiegelt, im Mittelpunkt. Langsam ... baut er [es] wieder auf. Es ist offenkundig, dass die Existenz des Hauses eng mit der Existenz Tankreds zusammenhängt. Indem er es zum Leben erweckt, kehrt er selbst zum Leben zurück.
Loris Vernarelli, Riehener Zeitung, 7. 12. 2018


2012

Mare blu. Eine Liebesgeschichte mit Homer

Odysseus sei der erste moderne Menschentyp, den die Literatur hervorgebracht habe, haben Horkheimer und Adorno in ihrer "Dialektik der Aufklärung" festgehalten. […] Auch die beiden Schweizer Autoren Valentin Herzog und Katja Fusek haben sich von der psychologischen Offenheit der "Odyssee" verzaubern und zu einem experimentellen Projekt inspirieren lassen: "Mare blu" ist der flüssig und leicht zu lesende Versuch, die Vorkommnisse der "Odyssee" in der Geschichte eines heutigen Paares zu spiegeln, das sich zwanzig Jahre nach sseiner Trennung … wieder trifft und im Ringen um Worte über die eigene Geschichte dazu kommt, sich … Bruchstücke aus der Odyssee zu erzählen. Stärker als in der Begegnung zwischen Paola und Olivier … entstehen dabei in den Phantasien über Odysseus und Penelope atmosphärisch dichte Miniaturen über eine psychologisch spannungsvoll unterfütterte Antike.

Alexandra Stähelin, Neue Zürcher Zeitung, 5. 1. 2012

… Die Orientierungslosen lesen beide in Homers "Odyssee" … und beginnen, sich über die Personen darin zu unterhalten. Paola schildert die Gedanken der wartenden Gattin Penelope, die von den Freiern bedrängt wird … Oliver lässt Odysseus zu seinem Vater reden und schildert die blutige Eroberung Trojas … Paola schreibt über Odysseus' Mutter Antikleia … und über Melantho, eine junge Frau, die Penelope ihrer Mutter abgekauft … hat.

Paola und Olivier spinnen die Geschichten der Odyssee weiter, füllen Lücken, machen sich Gedanken über die Nebenfiguren … und sprechen dabei über sich selbst, über ihre eigenen Gefühle und die Gründe dafür, dass ihre Beziehung gescheitert ist. […] Entstanden ist ein Roman, der fasziniert … Ein Buch, das über Beziehungen nachdenken lässt und dazu ermuntert, Homers Epos wiederzuentdecken.

Rolf Spriessler, Riehener Zeitung,  11. 11. 2011


2011

Das geraubte Gesicht

 In raffiniert verknüpften Erzählsträngen schildert der Autor die Geschichte eines Versicherungsjuristen, der in einem kleinen Städtchen in Italien [Tuscania] der geheimnisvollen Welt der Etrusker begegnet und in einen dubiosen Fall von Grabräuberei und illegalem Handel mit antiker Kunst verwickelt wird.

Valentin Herzog ist ein fundierter Kenner der etruskischen Kultur. Er beschäftigt sich seit bald 30 Jahren mit diesem Thema, hat schon einiges darüber publiziert. […] Die Grabräuber-Story entzieht sich allen Schubladen-Kategorisierungen, weil sie in Inhalt, Erzählform und Aufbau eigenwillig komponiert ist. Das Buch hat zwar alle Zutaten zu einem spannenden Krimi um Schatzjäger, Kunstfälscher. […]

Geschickt lässt Herzog die uralte Geschichte der Etrusker in die Welt der Gegenwart durchscheinen … Eine interessante Erzählerperspektive ergibt sich aus den Tagebuchaufzeichnungen [der Hauptfigur], die als besonderes Stilmittel eingebracht sind.

 Roswitha Frey, Badische Zeitung, 2011


2008

Alifas Zeichen

Wie ein Tropfen Bittermandelöl im Dattelkuchen, so sind auch Valentin Herzogs Geschichten aus Marokko allesamt von einem Stich Wehmut durchzogen, einer steifen Herbstbise im hellen Sommertag. Herzogs Berichte vom Unterwegssein erzählen jenseits der bekannten Touristenklischees von kapitalismusmüden Westlern, deren Sehnsucht und Projektionen von einem einfachen Leben auf orientalische Logik prallen; aber auch von stoischen Arabern wie etwa dem einfachen, analphabetischen Hausverwalter, der die Vorgänge im Haus der deutschen Inga nach einem halben verschwendeten Leben plötzlich nicht mehr versteht. Doch oft sind es in Herzogs Erzählungen Aussteiger auf Zeit oder Träumer von anderen Existenzweisen, die in Marrakesch, Essaouira oder an den wilden Rändern der Wüste das grosse Glück suchen und trotz offenen Herzen und losen Zungen doch nur die eigenen Ängste wieder finden – das eigene Unvermögen, zu kommunizieren und dem Fremden in seinen verwirrenden Gesichtern wirklich zu begegnen. Valentin Herzog beschreibt dieses Zusammentreffen der Kulturen unter der gleissenden Sonne Marokkos mit leiser Poesie, deren Farbtöne immer wieder zeitlupenhaft zwischen hoffnungsvoll schillernd und bitter-melancholisch wechseln.

 Alexandra Stähelin, Neue Zürcher Zeitung, 27. September 2008, Nr. 226 S. 50


Sein Kapital ist sein Gesicht. Wenn er es zufällig in einem Spiegel sieht, bekommt er selber Mitleid: Aus eingefallenen Wangen wuchert Bartgestoppel, die Augen liegen so tief in den Höhlen, dass ihr unsteter Blick Furcht einflößt; um Erbarmen aber fleht die zerfurchte Stirne ..." So beginnt "Titbouline", eine der 15 Geschichten aus Marokko, die in diesem Band versammelt sind. Herzog erzählt sprachgewaltig und präzise von den verschiedenen Facetten des Landes.

Rhein-Zeitung, 5. 10. 2008


2006

Karims Café

 Glückssucher

Vergeblich jagen sie in den Städten und Wüsten Marokkos einer Glücksverheissung nach: der kleine Gauner, der ausgebrannte Buch- und Filmkritiker, der vormals reiche Unternehmer, der homosexuelle Professor aus der deutschen Universitätsstadt mit seinem Doppelleben oder die kranke Madame Inga, die ein Gästehaus unterhält. Im «Cafe Italien», nahe der Hauptmoschee von Marrakesch, beginnen und enden Valentin Herzogs Geschichten. Der vorzügliche Marokko-Kenner arbeitet seine Figuren plastisch heraus und berichtet mit wechselnden Erzählmodi - abhängig jeweils vom Protagonisten. Über eine blosse     Reproduktion gängiger Touristen-Klischees reichen seine Texte entschieden hinaus, denn sie vermitteln nicht nur Ansichten aus dem Leben jener Europäer, die hier einen Traum umzusetzen versuchen, sondern auch Einblicke in den alltäglichen Kampf kleiner Leute am Rand oder im Zentrum der Armut.

Herzog präsentiert eine durchweg spannende Sammlung von Texten, umrahmt von den beiden Erzählungen im «Cafe Italien». Was bisweilen etwas stört (so in «Shelomith oder der 9. Dezember»), ist die mangelnde Differenzierung zwischen Erzähl- und Sprechsprache; der gehobene Ton der einen fliesst in solchen Momenten in die andere ein. Zum Glück löst Herzog die Rätsel seiner Protagonisten, etwa jenes des geheimnisvollen Fremden, nicht völlig auf, so dass man lesend weiterfabulieren kann. Ohnehin führt der Autor eine surrealistische Komponente ein, die seine Geschichten bisweilen auf eine märchenhafte Ebene hebt und die Phantasie beflügelt.

Beatrice Eichmann- Leutenegger,   Neue Zürcher Zeitung, 11. Oktober 2006. Nr. 236, S. 41           

               

Der bekannte Autor Lukas Hartmann schrieb zu diesem Buch:

 Ein spätes, aber überzeugendes Debüt. Valentin Herzogs Geschichten aus Marokko, die den Zusammenprall der Kulturen aus unterschiedlicher Perspektive beleuchten, sind von beunruhigender Aktualität. Zu diesen Texten gehört präziseste sinnliche Wahrnehmung ebenso wie der Einbruch desSurrealen; und ihre virtuose Komposition hält den Leser in dauernder Spannung.

 Valentin Herzogs Figuren sind Reisende, aus deren Perspektive wir den bestürzenden Wechsel zwischen Nähe und Fremdheit miterleben. Sie suchen im Andersartigen sich selbst, sie werden still in der Wüste und anonym im Gedränge von Marrakesch. Aber der eigenen kulturellen Prägung können sie nicht ausweichen; und die Sehnsucht, sich am neuen Ort zu verwurzeln, bleibt letztlich unerfüllbar. Herzogs Geschichten sind ein  Plädoyer für Unvoreingenommenheit und machen zugleich deutlich, dass wir nur in Glücksmomenten über den eigenen Schatten springen können.

 Marokko mit seinen Farben und Gerüchen wird greifbar in Valentin Herzogs Geschichten; aber es wird auch zum Sinnbild des „Clash of Civilization“. Die Reisenden aus Europa, verführt und abgestossen vom Fremden, ringen um ihre Identität; die Einheimischen kämpfen um Traditionen, die sie selbst aufs Spiel gesetzt haben. In diesem Spannungsfeld entfaltet Herzog eine beachtliche erzählerische Kraft; ihm gelingen Figuren, deren verzweifelte Glückssuche sich ins Gedächtnis einbrennt. Man denkt an Paul Bowles und entdeckt das durchaus Eigene an Herzogs sensibler Sprache und seinem präzisen Blick auf Geschichte und Gegenwart.

 Bern, 23. März 2006